Mit einem kleinen Boot unterwegs auf Main und MDK

Wassersport ist ein wunderbares Hobby. Man ist an der frischen Luft (manchmal gibt es sogar zuviel davon!) und erlebt Landschaften aus einer ungewohnten Perspektive. Von großen Yachten bin ich schon fasziniert, meine Liebe gehört aber den kleineren Booten, in denen man Wind und Welle unmittelbar zu spüren bekommt. Sie sind leicht zu trailern, einhand segelbar, flachwassertauglich und billig. Natürlich muss man sich bei der Törnplanung seiner Grenzen bewusst sein, das Wetter muss auch geeignet sein. Schon vor langen Jahren habe ich mir vorgenommen, auf eigenem Kiel Deutschland zu "erfahren". Ziemlich bald nach der Eröffnung des Main-Donau-Kanals habe ich mit diesem Projekt in Kelheim begonnen. In Etappen habe ich wunderschöne Orte und Landschaften entdecken und interessante Menschen kennenlernen können.

Reise in Etappen - von Kelheim an die Küste

1. Etappe Kelheim - Erlangen

---------------------------------------------

Törn in Etappen (Binnen)

Wenn man eine Schnapsidee hat, muss das nicht heißen, dass eine solche Idee wirklich schlecht ist. Irgendwann, um die Zeit der Eröffnung des Main-Donau-Kanals herum, verfestigte sich bei mir der Gedanke, ob man nicht quer durch Deutschland auf Binnenwasserstraßen reisen könnte? Natürlich nicht in einem einzigen Törn, sondern in Etappen. Zumindest anfangen sollte man damit, sonst könnte man ja nie erfahren, ob das wirklich eine Schnapsidee ist oder nicht doch ein wunderschönes Erlebnis.

Die Startbedingungen waren wahrhaftig nicht ideal: Mein Boot war eine 5m-Jolle, eine „Finesse”, gebaut von Häfele in Isny. Aber sie hatte immerhin Platz in der Plicht für eine Luftmatratze und einen verschließbaren großen Stauraum im Heck. Auch im Bug konnte man einiges regensicher verstauen. Also verstaute ich zusätzlich zur normalen Bootsausrüstung auch noch Zelt, Schlafsack, Luftmatratze, Proviant und Campingkocher. Meine Spritvorräte (20l) wurden aufgefüllt und dann ging’s los.


1. Tag: von Kelheim nach Riedenburg-Haidhof

In Kelheim kannte ich eine Slipstelle im Kanal. Es war schon 16 Uhr, als ich endlich ablegen konnte. An der Miene meiner Frau, die das Gespann wieder nach Hause bringen durfte, konnte man unschwer ablesen, was sie von dem Unternehmen hielt.

Nun war ich also unterwegs. Meine 4 PS schoben mich verhalten schnurrend durchs glatte Wasser des Kanals. An der Schleuse hatte ich schon mal Glück: Ich konnte mit einem Motorboot mitschleusen und brauchte nicht die glitschige Leiter rauf und runter. Bald kam die Burg Randeck in Sicht. Ich fing an, die Fahrt richtig zu genießen, ich war wirklich unterwegs auf „großer” Fahrt. Da war auch schon das Schloss Prunn zu sehen. Der große Vorteil meiner 4 PS wurde schon mal erkennbar: Jedes Detail der felsigen Hänge, jede Zinne der Burgmauern und Ruinen konnte ich in aller Ruhe beäugen, wie sie langsam näher kamen und langsam achteraus kleiner wurden. Der Nachteil sei aber auch nicht verschwiegen: Ich wurde laufend von den vielen Radlern überholt, die auf dem wunderschönen Radweg unterwegs waren. Macht nichts, Weihnachten feiern wir dann alle wieder zusammen!

Von Schloss Prunn wird man optisch weitergereicht an die Rosenburg mit den sie umgebenden Ruinen Rabenstein und Tachenstein. Die Menschen im Ort Riedenburg haben m. E. durch den Kanalbau enorm gewonnen. Weil ich Riedenburg von vielen Besuchen her kenne, fuhr ich ohne anzulegen weiter zur Schleuse Riedenburg. Dort hatte ich wieder Glück und konnte mitschleusen. Nicht weit oberhalb der Schleuse befindet sich der Sportboothafen. Damals war nur das Becken mit einem Steg rundherum und eine Slipbahn. Ich legte an und erkundete das Gelände. Draußen fuhr ein vollbeladenes Binnenschiff vorbei. Ich staunte nicht schlecht, als ich sah, wie mein gut vertäutes Boot wie besoffen schräg in den straff gespannten Leinen hing. Das Binnenschiffe hatte 30 cm Wasser aus dem Hafen gesaugt, das nun gurgelnd wieder zurückkam. Ein für mich überraschender Effekt, der vor allem beim Slippen dann und wann für nasse Rücksitze im Auto sorgen dürfte! Ich lockerte Vor- und Achterleine. machte noch einen Spaziergang zum nahe gelegenen Badesee, stellte meinen Campingkocher auf den Steg und reduzierte meine Vorräte. Da saß ich nun und genoss meinen ersten Abend unterwegs. Nicht einmal an so etwas Fundamentales wie einen „Anlegeschluck” hatte ich gedacht, trotzdem, der herein dämmernde Abend erfüllte mich mit Ruhe und Gelassenheit. Nach langem Sinnieren und einem vertrauensvollen Blick zu den nicht vorhandenen Wolken zwängte ich meine Luftmatratze neben den Schwertkasten und rollte meinen Schlafsack auf. Der letzte prüfende Blick galt meinen Leinen; ich wollte doch von einem verspäteten „Kollegen” aus der Profi-Riege nicht ins Fahrwasser gesaugt werden. Wenn ich nächtens mal aufschreckte um nach meiner Position zu sehen, brauchte ich nur den Kopf ein wenig heben, dann konnte ich an den Knarrpollern vorbei auf’s Wasser linsen um mich zu überzeugen, dass alles seine Richtigkeit hatte.





2. Tag: von Riedenburg nach Ohausen

Der Morgen war wunderschön, die Sonne war noch hinter dem Kamm des Hochufers und ich kroch aus dem mit Tau benetzten Schlafsack. Ich wanderte hinüber zum Badesee. Während ich den „See” umrundete erreichten die Strahlen der milde wärmenden Sonne den Talboden. Das war die rechte Zeit für ein erfrischendes Bad. Der ganze Platz gehörte für diese Zeit mir allein. Leise tauchte ich ein und schwamm von einem Hochgefühl getragen in das gleißende Strahlen des Morgens hinein. Mich überkam eine Hochstimmung, die viel mit der mich umgebenden Natur, mit den vorsichtig ziehenden Wasservögeln, den heimlichen Plätzen der Angler, dem leise plätschernden Wasser und dem klarblauen Himmel zu tun hatte.

Als ich meine Wanderung mit behutsamen Schritten fortsetzte, fiel mir am anderen Ufer der Bucht ein Fischreiher auf, der bewegungslos im seichten Wasser stehend verharrte. Natürlich hatte er mich längst registriert und wandte keinen Blick von mir. In Ufernähe war eine Gruppe von Schleien gerade beim Laichspiel. Einige kleinere Milchner umringten das Weibchen und stießen es immer wieder in die Seite. Das war ein munteres Geplansche. Allmählich bewegte sich die Gruppe in Richtung Fischreiher ohne ihn zu bemerken. Liebe macht blind, das gilt offensichtlich auch für Schleien. Weil es der Fischreiher nicht wagte seinen misstrauischen Blick von mir zu wenden, kam es, wie es kommen musste: Der liebestolle Konvoi passierte die gefährliche Zone unbehelligt. So ein Fischreiher hat es manchmal schwer. Kommt da einmal das Frühstück gewissermaßen in den Schnabel geschwommen, steht so ein bescheuerter Zweibeiner herum, der einem die leichte Beute missgönnt! Sobald die Außenbordskameraden in sicherer Entfernung waren, setzte ich meinen Weg fort. Im Hafen angekommen machte sich auch bei mir der Hunger bemerkbar. Ein heißer Kaffee mit Butterbreze, das wär´ doch was. Der Hafen war ja erst im Bau und von der Hafenkneipe waren noch nicht einmal die Grundmauern angefangen. Also hieß es „Leinen los” und leise schnurrend bog ich ins Fahrwasser ein. Ich schaute nach dem Schloss Eggersberg, das ich von meinen früheren Ausflügen ins Altmühltal schon kannte.

Die professionellen Kollegen waren auch schon unterwegs. Ich als Kanalneuling konnte mich daran gewöhnen, wie es ist, wenn man von so einem fetten Teil überholt wird. Zuerst lupft einem die Bugwelle das Heck ein wenig , dann schieben sich die Massen an einem vorbei und zuletzt achtet man darauf, dass man nicht am Heck des Binnenschiffs von der Strömung vom Kurs abgebracht wird. Allmählich verliert sich dann das mächtige Wummern des langsam laufenden Schiffsdiesels in der Weite des Tales und ich bin mit meinem 4 PS-Nähmaschinensound wieder allein. Meine Heck”welle” erreicht nicht einmal das Ufer; no action für die Entenküken, die mich in sicherer Entfernung passieren lassen. Das ist das Schöne an diesem Kanalabschnitt: Man hat - vermutlich nicht ohne den Druck der Kanalgegner - überall kleine Flachwasserzonen angelegt als Refugium für die Fische und Wasservögel. Ich kenne das Altmühltal noch aus der Zeit vor dem Kanalbau und muss sagen, es ist natürlich nicht mehr der Charakter von damals, aber gemessen an der neuen Rolle als europäische Magistrale des Güterverkehrs ist die Einbindung in die Natur und Landschaft sehr gut gelungen.

Vor der Ortschaft Meihern fand ich eine Treppe für Paddler, an der ich - Fendern sei Dank - meine Jolle vertäuen konnte. In der schmucken Ortschaft fand ich ein hübsches blumengeschmücktes Gasthaus, in dem die freundliche Wirtin gerade beim Putzen war. Sie machte mir ein frugales Frühstück und ich ließ es mir schmecken. Frisch gestärkt setzte ich meine Reise fort.

Das nächste auffallende Städtchen, etwas entfernt vom Kanal, ist Dietfurt. Auch dort fand sich ein kleines unbewirtschaftetes Hafenbecken mit Sliprampe, gewissermaßen ideal für einen Abstecher ins sehenswerte Städtchen. Ich machte nur kurz halt. Hier verlässt der Kanal das Altmühltal. Der Weg nach Beilngries führt durch das Ottmaringer Tal. Den hohen Ufern sah man an, dass der Bau noch nicht lange fertiggestellt war, die Landschaft war noch vernarbt, die Pflanzungen waren noch klein und frisch angelegt.

Auf Beilngries trifft man im Nordosten des Städtchens, eigentlich weit außerhalb des Stadtkerns. Ein Sportboothafen mit Restaurant und Club ist entstanden, die Fläche am Ufer teilen sich Kinderspielplatz, Anlegestelle für die Ausflügler und Kreuzfahrer, Rad- und Fußwege und der Parkplatz für die Besucher. Ich legte am Gästesteg im Hafen an und machte mich auf den Weg in die Altstadt. Weil es mittlerweile recht heiß geworden war, blieb ich schon im nächsten Gasthaus mit Terrasse hängen. Nach dem ersten frischen Schluck, der schier verdampfte, und dem Griff zur Speisekarte fiel mein Blick mehr zufällig auf die Bewölkung. War da ein Gewitter im Anzug? Ich zahlte und eilte mit knurrendem Magen zum Boot, verpackte meine Utensilien so gut es ging und tat dann das, was ich als bummelnder Biker schon öfters erfolgreich praktiziert hatte: Ich machte mich aus dem Staub und wollte dem Gewitter einfach davonfahren. Das funktionierte anfangs ziemlich gut. Leider hatte ich nicht bedacht, dass hinter der nächsten Kurve die Schleuse Beilngries meiner Flucht ein abruptes Ende setzte. Natürlich war rot und ich musste anlegen. Fender raus, Kapuze auf und warten auf den Platzregen, der dann auch wirklich kam. Endlich durfte ich in kürzester Zeit erfahren, wo mein guter alter Anorak undicht geworden ist. Wir Zivilisationsweichlinge kennen das schaurig schöne Gefühl doch gar nicht mehr, wenn das Wasser von der Unterwäsche begierig aufgesogen endlich den Rücken herunterläuft. „Weiter als bis auf die Haut geht´s nicht” war ohnehin mein Spruch, hier hat er sich wieder einmal bewahrheitet. Hier reifte mein Entschluss: Eine Kajüte muss her!

Der Duscherer ging so schnell wie er gekommen war. Ich zog mich um und legte meine nassen Klamotten über den (gelegten) Mast. Die Sonne schien wieder, die Ampel schaltete auf grün, es ging weiter.

Das Kloster Plankstetten wurde für einen separaten Besuch vorgemerkt und bald war Berching erreicht. Ich fand an der Pier ein schönes Plätzchen (der bundesdeutsche Beschilderungswahn hatte noch nicht zugeschlagen), packte meine Kanister und marschierte los. Die Tankstelle war gar nicht so arg weit und mir blieb Zeit für einen Spaziergang. Berching fand ich bezaubernd. Im Laufe der Auseinandersetzungen um den Kanalbau waren wohl ausreichend zusätzliche Mittel geflossen mit denen sich die Orte trefflich herausputzten. Die Türme und Mauern der mittelalterlichen Stadt umfassen einen kleinstädtischen Lebensraum, wie er pittoresker mit behäbiger Gelassenheit schöner kaum sein könnte. Es gibt noch viel Grün hinter den ausladenden stolzen Häusern und das innerhalb der Stadtmauer.

Auch einen Sportboothafen kann Berching vorweisen, den letzten vor Nürnberg. Ich bin dennoch weitergefahren. Nach dem Passieren der Schleuse Bachhausen, hat man das höchste Teilstück erreicht. Weil die Sonne am Untergehen war, suchte ich mir einen Platz für die Nacht. Ich wurde fündig in einer Slipstelle bei Ohausen. Ich zog meine Jolle auf der geteerten Bahn möglichst hoch hinauf und sicherte sie mit genügend Leinen. In der Nacht war mit Binnenschiffen eigentlich nicht zu rechnen, die Schleusungen würden erst wieder um 6 Uhr beginnen. Der Abend wurde noch recht unterhaltsam: Der Platz wurde von jungen Leuten aus der Umgebung offensichtlich gerne zum geselligen Beisammensein am Lagerfeuer genutzt. Und ich saß mittendrin, was weiter nicht verwunderlich war, schließlich war eine halbe Damenfußballmannschaft bei ihnen, die ihren Trainingsabend am Lagerfeuer ausklingen ließen. Dass sie ein Tragerl Bier und Limo mitgebracht hatten, war für mich auch nur vorteilhaft. Es war schon sehr spät, als ich in meinen Schlafsack kroch.


3. Tag: von Ohausen nach Kriegenbrunn

Der nächste Morgen war wieder sonnig, meine feuchten Sachen trockneten über den straffen Leinen, mit denen ich mein Boot befestigt hatte und ich frühstückte sehr zeitig vor Schleusungsbeginn. Dennoch tauchte von Bachhausen her ein Binnenschiff auf. Ich stand auf, um meine sieben Zwetschgen von den Leinen zu holen. Da fiel mir auf, dass das Schiff sehr weit aus dem Wasser ragte, es war offensichtlich unbeladen. Ich ging davon aus, dass es kaum Veränderungen des Wasserstandes bringen würde und ließ meine Klamotten einfach hängen. Vorsichtshalber hielt ich mich aber doch bei meinem Boot auf, man weiß ja nie, zumal dieses fette Teil ganz schön flott unterwegs war. Tatsächlich schob der Frachter einen Wasserberg vor sich her, der pfeilschnell in meine Slipbahn einen gewaltigen Schwall hereinschießen ließ. Mein „Meichschagge” hob sich unbeeindruckt, wie man es halt von einem braven Boot erwartet, aber die ehemals straffen Leinen hingen jetzt durch und was ich zum Trocknen aufgehängt hatte, ging blitzartig baden. Gleich darauf schlürfte der Sog des vorbeigefahrenen Schiffes das Wasser und alles, was darin schwamm zurück in den Kanal. Weil ich für mein Alter halbwegs schnell und auch nicht wasserscheu bin, verlor ich keine Ausrüstung sondern gewann nur an Erfahrung (morgendliches Vollbad „all inclusive”).

An der Schleuse Eckersmühle (ca. 24 m Hubhöhe) traf ich meinen Wasserspeier wieder. Der Schiffsführer nützte die Wartezeit und pinselte an den Aufbauten herum. Wir kamen ins Gespräch, er war sehr nett, er hatte von meinen hektischen feuchtfröhlichen Aktivitäten nichts mitbekommen und sah auch nicht, dass ich mein Boot als fahrbaren Wäscheständer dekoriert hatte. Er gab mir den Tipp: wenn ich hinter ihm bleiben würde, könnte ich problemlos mit durch die Schleusen kommen. So war es auch. Die erste Strecke war super, weil er sein Auto an Land hievte und ich einen Vorsprung bekam. Als er aber an der nächsten Schleuse Auto nebst Frau und Vorräten wieder an Bord genommen hatte, konnte ich auch unter Vollgas kaum mit ihm mithalten. Irgendwann gab ich auf und ließ ihn alleine weiterreisen. Die Aktion hatte mich gewaltig Sprit gekostet, auch eine Erfahrung beschert, die mich darin bestärkte, mein gemächliches Tempo beizubehalten.

Immerhin war ich auf diese Weise relativ schnell an der Lände Roth vorbei nach Nürnberg vorgedrungen. Am dem Hafenbecken gegenüberliegenden Ufer konnte ich provisorisch festmachen und ein wenig die Beine vertreten. An einem Kiosk konnte ich mich gleich ein wenig stärken und den Schiffen beim Be- und Entladen zuschauen. Leider darf man mit Sportbooten nicht in den Hafen hinein. Es war noch früh am Tag und so fuhr ich am Sportboothafen Nürnberg vorbei weiter gen Bamberg.

Die folgende Strecke ist nicht sehr schön: Der Kanal läuft in einer Betonwanne durch Wohn-, Gewerbe- und Industriegebiete. Rechtzeitig vor Ladenschluss musste ich nahe an einer Brücke festmachen, ich war halb am Verdursten. Ich war anscheinend durstiger als meine vier Pferde am Heck! Ich fand in der Nähe einen Supermarkt und kehrte alsbald gut bepackt wieder zurück. Wie es der Teufel so haben will, begegneten sich ein Frachter, ein Ausflugsdampfer und ein Boot der WaschPo direkt bei meinem Boot, das wie ein Gummiball auf den Kreuzseen hopste. Das darf doch nicht wahr sein, ich rannte meinem „Meichschagge” zu Hilfe, aber die Fender hatten getan, wozu ich sie rausgehängt hatte, keinen Kratzer hatte es abbekommen. Auch der Anschiss seitens der Marine blieb aus, und so konnte ich beruhigt weiterfahren.

An der Schleuse Kriegenbrunn wollte und musste ich übernachten, die Sonne war untergegangen. Dummerweise habe ich die günstige Gelegenheit, mit einem Frachter mitzuschleusen, genutzt. Als ich das untere Schleusentor passierte, empfing mich der Lärm der nahen Autobahn. Ich konnte nur mit Mühe der Versuchung widerstehen mit dem nächsten Frachter wieder bergauf zu schleusen. Ich fand dann doch noch ein abgelegenes Plätzchen, an dem mich auch der Schleusenmeister, der meine Kreisel aufmerksam beobachtet hatte, duldete. Dennoch war das meine unruhigste Nacht. Neben dem Lärm der Autobahn waren es besonders die Frachter, die die ganze Nacht unterwegs waren. Immer wieder schreckte ich auf und kontrollierte meine Leinen. Unbeleuchtet ins Fahrwasser getrieben zu werden, wäre ein sehr zweifelhaftes Vergnügen gewesen, das ich mir wirklich nicht gönnen wollte. Es ging alles gut und nach einem guten Frühstück setzte ich meine Reise wieder fort.


4. Tag: von Kriegenbrunn nach Erlangen

Das Hinterherhetzen hinter meinem Profikollegen, der mir am Morgen zuvor zu meinem nassen Frühsport verholfen hatte, hatte mich ziemlich viel Sprit gekostet. Macht nichts, dachte ich, gleich am Kraftwerk „Franken”-Frauenaurach liegt ein Bunkerboot, die haben Sprit ohne Ende. Der Weg war nicht weit, ich legte an und kletterte mit meinen 5l Kanistern bewaffnet an Bord. Pustekuchen - hier gab´s keinen Tropfen Benzin, nur reichlich Diesel. Vom freundlichen Tankwart bekam ich den wirklich guten Tipp, mich nicht um das Verbotsschild beim nächsten WSA-Hafen zu kümmern, die Straßentankstelle wäre nur 2-3 km entfernt. So war es auch. Als ich an einer Sportanlage mit Sportheim vorbeikam, wollte ich mir einen Kaffe mit Buttersemmel kaufen, aber die Chefin wollte nicht. Mein Auftragsvolumen war wohl zu mickrig. In der Metzgerei nebenan gab´s dann doch etwas: Leberkässemmel mit Limo. Na, in der Not frisst der Teufel Fliegen zum Frühstück. Mit 10 Litern Benzin zurück an Bord ging die Fahrt weiter. Man fährt durch eine gewerblich geprägte Landschaft, die allmählich wieder natürlicher wird. Bei Büchenbach entdeckte ich gleich hinter dem Hafen Erlangen eine Slipstelle mit Schnellstraßenanschluss. Könnte das nicht etwa für mich geeignet sein? Etwas unschlüssig fuhr ich weiter. Zwischen Büchenbach und Alt-Erlangen hat ein Ruderclub sein Vereinsheim mit Anlegeponton. Das sah verlockend aus, so mit Terrasse und freundlichen Leuten. Ich fuhr weiter bis zur Schleuse Erlangen. Da war langes Warten angesagt: Da waren mehrere Binnen- und Ausflugsschiffe unterwegs, die mich nicht mitnehmen konnten. Ich spazierte herum und sah, dass es hinter der Schleuse wieder schöner würde. Trotzdem beschloss ich zum Ruderclub zurückzufahren. Dort konnte ich mit meinem Bötchen anlegen und auf der Terrasse Platz nehmen. Die Wirtin machte mir ein Riesenschnitzel. Die zuvor entdeckte Slipstelle lag wirklich verkehrsgünstig und so rief ich zuhause an und gab die Wegbeschreibung durch. Meine Tochter kam wohlbehalten mit dem Trailer an und am Abend waren wir wieder zuhause.

Es waren 126 Kilometer voller kleiner und doch beeindruckender Erlebnisse gewesen. „Kleines Glück” ist ein sehr subjektives Empfinden, diese meine erste Wanderfahrt auf dem Wasser möchte ich dazu zählen. Es sollte nicht der letzte Törn dieser Art bleiben, soviel stand fest. Weil in meinem Alter ein Hauch von Bequemlichkeit sehr anziehend wird, beschloss ich, mich nach einem kleinen Kajütboot umzuschauen. Beim nächsten Törn wollte ich auch bei einem eventuellen Platzregen unter Dach schlafen können.


Seite5 von 5

1997: Von Bamberg nach Ochsenfurt

Nachdem ich im vergangenen Jahr schon eine kleine Tour (einhand) unternommen hatte, die mich von der Marina Bamberg-Trosdorf aus jeweils einen Tag mainabwärts nach Eltmann und auf dem MD-Kanal aufwärts nach Hirschaid geführt hatte, sollte es dieses Jahr wieder eine echte Tour wer­den. Mit dabei war Mit“segler“ Günter, mit dem ich schon vor Jahren im Paddlerkonvoi den Regen befahren hatte.

Der 9.8.97, ein Samstag, begann mit dem Abslippen und Einkaufen. Neben der Marina Trosdorf (Km 383) findet man einen passenden Supermarkt. Auch das Trailergespann kann man im Hafenge­lände abstellen; die Voraus­setzungen für einen Wandertörn sind also bestens. Es wurde Mittag, bis wir die Leinen loswarfen und in den Fluss einbogen. Die erste Mainschleuse ist Viereth. Auf dem Weg dorthin kann man einen Blick auf den an backbord liegenden Hafen des Motor- und Segelboot-Clubs Coburg werfen. Dort soll es auch Gastliegeplätze und eine Slipanlage geben.

Weil an der Schleuse Viereth keine eigene Sportbootschleuse vorhanden ist, muß man in die große Kam­mer möglichst zusammen mit der Berufs­schiffahrt. Wir hatten Glück, es waren mehrere Sportboote unterwegs, wir wurden ohne lange Wartezeit geschleust und konnten loslegen. Auffällig war ein großes Ruderboot aus der Gegend von Bremen. Die siebenköpfige Besatzung, Männlein wie Weiblein, hatte die erste Jugend auch schon überschritten und wurde vom Steuermann in Schwung gehalten. Dieser „Ostfriesengaleere“ begegneten wir später nochmal. Sie waren mit Muskelkraft flott, gesund und kostengünstig unterwegs. Meine vier Pferde stellte ich so ein, dass sie uns mit ca. 4 Knoten zu tal trieben. An diesem Teil der Strecke wurde und wird neben dem Fluss Kies gebag­gert. Es entstanden viele kleine und größere Baggerseen, viele da­von mit direkter Anbindung an den Main. Leider sind mittlerweile diese Ge­wässer­teile pauschal für Fahrzeuge mit Maschinenantrieb gesperrt. Da lob ich mir mein Segelboot. In einer dieser Ausbuch­tungen fanden wir ein schattiges Plätzchen für die Mittagsrast. Meine FAM lässt sich solch kleine Strecken ohne weiteres paddeln. An Trunstadt, Dippach und Eschenbach vorbei gelangt man nach Eltmann. Dort gibt(?) es eine Tankstelle direkt am Altarm Eltmann West. Man kann an einem Be­tonkai anlegen und seine Kanister auffüllen. Der Sportbootclub Eltmann hat seine Anleger direkt gegenüber. Das ist ein schöner und günstig gelegener Platz.

Die nächsten Schleusen verfügen auch über eine Selbstbedienungs-Sportbootschleuse. Wenn man nicht allein ist, ist das eine tolle Sache. Günter spielte den Maschinisten, ich manövrierte „Gnoothi“ durch die Schleuse und durfte „Wasseraufzug“ fahren.

Hinter der Schleuse Limbach (Km 369n), bei der man sich im Unterwasser besser in der Mitte hält, trafen wir auf Anhalter. Zwei Männer paddelten in einem Aufblas-Kajak. Wer diese Dinger kennt, weiß, dass sie nicht so schön laufen wie ein langgestreckter Kunststoffzweier. Sie fragten, ob sie sich anhängen dürften. Wir übernahmen die Vorleine und tuckerten als Gespann weiter. Erst viel später musste ich feststellen, dass der Spritverbrauch erheblich höher war. Am linken Ufer (km 366) könnte oder sollte man Maria Limbach, eine der letzten Kirchenbauten B. Neumanns (gest. 1756) besuchen. Allein die Fassade wirkt deutlich moderner (beinahe klassizistisch anmutend) als z. B. Vierzehnheiligen. Bei der Straßenbrücke Zeil (Km 365) verabschiedete sich unser Anhang und wir fuhren wieder unbeschwert weiter.

Die Schleuse Knetzgau (Km 360) bedienten wir wieder selber. Drei Flusskilometer weiter kommt man an der ehemaligen Zisterze Mariaburghausen vorbei. Die gotische Kirche betritt man durch eine Vorhalle, die bald so lang ist wie die eigentliche Kirche. Weil die adligen Fräulein, die in das Zisterzienserinnenkloster gesteckt wurden, ein wenig zu lebenslustig waren, hat der Bischof das Kloster kurzerhand aufgelöst. Das ist schon ein paar Jahrhunderte her, der Platz ist aber immer noch sehr schön. Flussabwärts kommt Haßfurt in Sicht. Kurz vor dem Hafen steht das Naturfreundehaus am rechten Ufer. Zumindest damals konnte man nicht sicher anlegen. Das sehenswerte Städtchen konnten wir nicht besuchen, wir waren spät dran. Ich hätte gerne die Ritterkapelle besichtigt. In der Ma­rina Trosdorf hattten wir von einem Stegnachbarn den Tip „Marina Obertheres“ (Km 350,4) als empfehlenswertes Etappenziel erhalten. Weil wir ja erst mittags gestartet waren, kamen wir erst nach 19 Uhr dort an. Der Hafen ist gepflegt, mit Clubheim und guten Sanitäranlagen. Wir machten uns landfein und spazierten zu der uns empfohlenen Wirtschaft. Anstatt einer fränkischen Dorfwirt­schaft fanden wir eine griechische Taverne vor, in der allerdings gut gekocht wurde. Insofern war die Empfehlung dann doch berechtigt. Wir waren´s zufrieden. Auf dem Rückweg schauten wir noch zum Clubheim. Der Balkon über dem Hafen war wegen des Wochenendes gut besetzt. Ein Clubmit­glied hatte sogar sein Akkordeon neben sich stehen. Ich holte meine kleine Blockflöte aus dem Boot, fragte, ob ich mitspielen dürfe und im Handumdrehen war eine Mords­stimmung unter den Leuten. Wir wurden befragt, denn mein alter Jollenkreuzer mit gelegtem Mast war längst auf­gefallen und zuletzt sangen Günter und ich ein paar Holledauer Zwiefache. Wir halfen mit, dass die Winzer in der Maingegend wieder Platz in ihren Fässern bekamen und relativ spät endete dieser tolle Sommerabend. Der Abschied war herzlich, informativ und er dauerte. Diesen gastlichen Hafen und seine Schifferlfahrer werde ich nicht vergessen.

Gut gelaunt und bestens informiert setzten wir unsere Reise am nächsten Morgen fort. Es war ein sonniger Sonntagmorgen, eine leichte Brise brachte das Wasser zum Glitzern. Sie strich in einer an­ge­nehmen Kühle über den Main und machte einfach Lust auf Segeln. Der Mast war schnell ge­stellt, die Segel wurden gesetzt, der Ostwind war günstig für uns und sich kaum spürbar neigend nahm meine Gnoothi Fahrt auf. Himmlische Ruhe, die ich am Segeln so schätze, umgab uns. Leider hielt die Brise nicht, was sie ohnehin kaum versprochen hatte. Bevor die Schnecken am Ufer uns als ernsthafte Gegner für ein Wettrennen entdecken konnten, zog ich genervt am Startseil des Außen­borders und verhalten schnurrend schoben uns meine 4 Pferde zu tal, zunächst einmal zur Schleuse Ottendorf. Das ist eine der Sportbootschleusen, in deren Bereich man sich besser an die Empfeh­lungen des Flussführers hält. Im Unterwasser vor der Sportbootschleuse bleibt man besser relativ lange in der Fahrwassermitte. Bei Km 338 wären am linken Ufer Zufahrten zu Kiesabbaugebieten und Altwässern. Wir haben ein schattiges Plätzchen für die Fütterung der Raubtiere und die in unserem Alter obligatorische Siesta gefunden. Wieder unterwegs passierten wir Schloss Mainberg. Der Main wendet sich wieder nach Südwest und wir näherten uns Schweinfurt. Am linken Ufer, bei Km 333,2 gibt es diverse Anlegemöglichkeiten bei Schweinfurter Vereinen. Wir haben dort festgemacht und bummelten über die Brücke in die Stadt. Schweinfurt hätte, obwohl im Krieg wertvolle alte Bauten verlorengegangen sind, interessante Museen und Denkmäler zu bieten, mir war aber diesmal mehr nach Tankstelle zu mute. Wir sind auch fündig geworden. Zurück am Boot legten wir ab zur anderen Flussseite zur Sportbootschleuse. Die Fahrt führte vorbei am Hafen Schweinfurt, in dem Wasserflöhe wie unsereiner unerwünscht sind. Von Weitem sieht man das Kernkraftwerk Grafenrheinfeld, ca 2 km unterhalb der gleichnamigen Ortschaft. Da wartet dann schon die Schleuse Garstadt auf die Schiffe. Bei Km 322,3 liegt am rechten Ufer der Hafen des Schweinfurter Yacht- und Wassersportclubs. Wir wollten aber noch weiter zur Marina Wipfeld (Km 316,6), kurz vor der gleichnamigen Schleuse. Dieser kleine Hafen war uns in Oberheres zu recht, wie sich zeigen sollte, empfohlen worden. Weil wir uns in Schweinfurt so lange aufgehalten hatten, liefen wir erst gegen 18.30 in der Marina ein. Wir wurden freundlich begrüßt, fanden ein hübsches Plätzchen und ein gutes Wirtshaus mit fränkischer Küche. Das Frühstück am nächsten Morgen nahmen wir auf der Terrasse ein. Da gesellte sich ein pensionierter Schleusenmeister zu uns. Aus dem Garten hatte er überzählige Gurken und Gemüse zur Verteilung an gefräßige Schifferlfahrer mitgebracht. Wir nahmen dankbar eine Ration an. Hoch interessant war seine Information, dass wir problemlos die Volkacher Mainschleife befahren könnten, weil wegen irgendwelcher Arbeiten der Wasserstand auf alle Fälle ausreichen würde. Das war eine gute Nachricht. Wir machten uns um 10.15 bei strahlendem Sonnenschein auf den Weg. Der hübsche Ort Stammheim zur linken und die Weinberge von Ober­eisenheim säumten den Weg. Als hoch über dem linken Ufer das Kirchlein „Maria im Weingarten“ auftauchte, überholten wir die „Ostfriesengaleere“, die wir von der Schleuse Viereth her schon kannten. Die hatten vermutlich schneller gefrühstückt und nicht so viel geratscht. Dafür hatten wir Gurken und wichtige Informationen. Langsam zogen wir am Gelände des Campingplatzes „Ankergrund“ vorbei. Dort gibt es auch eine Anlegestelle. Das Kirchlein mit seiner Rosenkranzmadonna und das nahegelegene Volkach wären sicher eines Besuches wert gewesen, wir wollten aber erst mal durch die Schleuse in die alte Mainschleife. Bei der versandeten Ausfahrt gingen wir gleich mal auf. Das könnte ja heiter werden. Ich habe das Schwert noch mehr aufgeholt und im Schnecken­tempo tasteten wir uns flußabwärts. Günter setzte sich in den Bugkorb spielte Gallionsfigur und passte auf. Aber schön in der „Fahrwasser“mitte reichte die Wassertiefe problemlos aus. Sogar die Buhnen waren überspült, und so kamen wir gut durch. Kurz hinter Nordheim fanden wir einen schattigen Platz (km 307) für die Mittagsrast. Dort ließ es sich gut aushalten angesichts der Weinberge, der malerischen Silhouette von Escherndorf und der Vogelsburg im Hintergrund. Am langgestreckten Ort Köhler vorbei näherten wir uns den Weinlagen rund um Sommerach. „Katzenkopf“ heißt der Hang wie auch der Campingplatz am Ufer mit seinem kleinen Hafen. Dieser Flussabschnitt eignet sich auch zum Segeln es gibt mehrere Altwasserarme, die „natürlich“ für Motorboote tabu sind. Wo der Gerlachshausener Kanal wieder in der Main mündet (km 300) wird er richtig breit und ruhig. Im Hintergrund links könnte man das Kloster Münsterschwarzach sehen, auf der rechten Seite bietet sich der Campingplatz „Mainblick“ (km 298,6) bei der Ortschaft Schwarzenau als Anlegestelle an. Diese Gegend könnte ich mir gut als Ausgangspunkt für einen kultur- und weinlastigen Segel-Kurzurlaub vorstellen. Wir sind weiter zur Schleuse Dettelbach, wo wir die große Kammer benutzen und deshalb 30 Min. warten mußten. Leider haben wir keine richtige Anlegestelle im Ort Dettelbach gesehen. Ich weiß von einer Motorradfahrt her, dass Dettelbach (km 294) sehenswert ist. Wir tuckerten weiter, unter der Autobahn durch weiter nach Mainstockheim (km 290,7), wo wir gegen 17.30 eintrudelten. Weil allen Ernstes alle Wirtshäuser entweder Betriebsferien oder Ruhetag hatten, kochten wir auf dem Steg der schönen kleinen Marina. Nur gut, dass wir kurz vor Ladenschluss noch was zum Trinken ergattert hatten. Der Abend verlief in einer angeregten Unterhaltung mit den Stegnachbarn, die mir mal erklärten was sie bisher auf dem Weg von Mainz nach Bamberg für Sprit auszugeben hatten. Wenn ich das auf die heutigen Benzinpreise hochrechne, verstehe ich, dass viele Motorbootfahrer längere Touren vermeiden.

Der nächste Morgen war wieder sonnig und prachtvoll. Wir tuckerten gegen 10.00 auf dem glitzernden Main dahin. Nach fünf Kilometern kamen wir nach Kitzingen. Kitzingen hat auch eine ordentliche Lände, an der auch Sportboote anlegen können für einen Kultur- und Einkaufsbummel in der Stadt. Wir legten nicht an, wir ließen die repräsentative Schauseite der Stadt zum Wasser hin auf uns wirken. Es war ein schöner Anblick. Wir näherten uns der Schleuse Kitzingen. Da überholte uns eine schnittige Barbarella, die wir vom letzten Hafen her schon kannten. Ein schönes Boot mit einer netten crew. Das Boot stoppte nicht weit vor uns und ich konnte sehen, dass der Skipper Kontakt aufnahm mit dem Schleusenmeister. Ich näherte mich vorsichtig und fragte nach, ob wir mit der Berufsschiffahrt mitschleusen könnten. Es war aber warten angesagt. So tuckerten wir zur Sportbootschleuse, wo die Barbarella wohl nicht reinpasste. So schleuseten wir alleine und bummelten weiter richtung Marktbreit (km 277). An der dortigen Lände kann man sehr bequem tanken. Als ich meine Kanisterchen auftankte, kam die Barbarella in voller Fahrt angerauscht und mußte ebenfalls ihre Pferde tränken. Mich stach der Hafer und ich riet dem Skipper der Barbarella, er möge sich eine genügend starke Maschine zulegen, damit er leichter mit den kleinen Verdrängern mithalten könne. Wir haben Marktbreit ausgiebig besichtigt, nicht dass hinter einer Biegung ein pfeilschnelles Ungetüm uns kurzerhand gerammt, versenkt und die Reste mittels der 200 PS an der Schraube bis zur Streichholzgröße verhackstückt hätte. Wir bewunderten lieber die imponierenden Grabmäler der umliegenden Reichsrittergeschlechter aus der frühen Reformationszeit. Marktbreit hat eine anheimelnde Atmosphäre, die wir in einem schattigen Biergarten zu schätzen wußten. Wir machten uns dann wieder auf den Weg und gegen 13.30 fanden wir vis a vis von Frickenhausen (km 273,5) ein schönes schattiges Plätzchen für das abschließende „Käpt´ns Dinner“, bei dem wir unsere Vorräte verputzten. An der Lände Ochsenfurt (km 271,1) beschlossen wir unseren Törn. Wir telefonierten das Abholkommando herbei, zogen an der Rampe in Frickenhausen meine Gnoothi wieder auf den Trailer und machten uns via Bamberg auf den Heimweg.

Fazit: Das war ein eigentlich kurzer, aber mit vielfältigen Eindrücken prall gefüllter nachahmenswerter Törn, der Geist und Seele gleichermaßen erfüllte. Da sollten schon noch einige Abschnitte folgen. Wir freuten uns schon darauf.

2001: von Lohr nach Aschaffenburg


Mittlerweile ist die Anfahrt zur neuen Etappe ganz schön weit. Deshalb kamen mein Mitsegler Günter und ich auch erst nachmittags an der Slipstelle (km 197,6) in Lohr an. Wir beschlossen, erst am nächsten Morgen aufzubrechen. Das Weinhaus Mehling, in dem wir im Jahr zuvor unseren Törn hatten ausklingen lassen, war noch in guter Erinnerung. So fuhr ich nach dem Beladen und Slippen des Bootes ca. 150m Meter stromauf zum uns wohlbekannten Sportboothafen Lohr, wo wir freundlich aufgenommen wurden. Der warme Sommerabend sah uns in der wunderschönen Lohrer Altstadt vor einem guten Essen nebst erfrischendem Wein aus den nahegelegenen Weinlagen. Weil wir so vertrauenerweckend aussahen, setzte sich ein ganzes Damenkränzchen zu uns. Die Mädels, in einem Alter, in dem man mehr auf die inneren Werte achtet, kamen aus dem Spessart und wollten ihren monatlichen Ausflug in angenehmer(!) Umgebung und Gesellschaft ausklingen lassen. Sie haben den angeregten Abend hoffentlich in guter Erinnerung.
Am nächsten Morgen verpassten wir "Gnoothi" ihr neuestes Accessoire: Von unserer alten Hollywoodschaukel war noch das Dach vorhanden. Mittels Dachlatten, Leinen, Spanngurten und Bändseln ließ sich das Ding relativ stabil installieren. Einen Designpreis werden wir möglicherweise nicht ernten, das Ding hat sich aber sehr bewährt in der sommerlichen Hitze, und die in den noblen Flitzern brauchen auch mal was zum Lachen. Beim Tanken lachen nämlich wir immer.
die crew

Leider habe ich kein Foto der Kirche, man kann sich aber so leichter gut im Saft stehende Klosterbrüder vorstellen.

Die Mittagsrast machten wir in Neustadt/Main. Wir legten an der Innenseite einer dieser schmucken Anlegebrücken für die Berufsschiffahrt an. Das bisschen Klettern nahmen wir gern in Kauf, wobei wir uns schon ein wenig über das mangelnde Mitdenken der Planer mokierten. Bootstourismus wird in Bayern anscheinend ignoriert und eher behindert. Der Weg führte uns zum nahegelegenen ehemaligen Benediktinerkloster St. Michael. Bayern ist überreich an barocken Kostbarkeiten, da schätzt man die stille Klarheit der aus Romanik und Gotik überkommenen Bauten um so mehr. So erging es uns noch öfter auf dieser Etappe. Der Besuch dieser mittelalterlichen Klosteranlage ist sehr reizvoll. Von romanischen Mauer- und Fundamentresten bis zu neugotischen Teilen ist das ganze Abendland vertreten. Wichtig ist der Gesamteindruck: es ist ein reizvolles Ensemble, das den Besucher in der flirrenden Sommerhitze umfängt. Der contemplative Geist der Gründer ist ebenso gegenwärtig wie die liebevolle Pflege durch die heutigen Generationen. Das empfinden wohl alle Radler, Wanderer und gewöhnliche Touristen, die sich ein wenig einfangen und erquicken lassen von der schattigen Atmosphäre der imposanten Gelassenheit.
Burg Rothenfels Die Fahrt ging weiter an den Weinbergen entlang, durch Schleusen, an hübschen Orten und verträumten Burgen (Rothenfels bei km 185,5) und Herrensitzen vorbei. Zur besten Kaffee- bzw. Eisbecherzeit suchten und fanden wir an der Lände von Marktheidenfeld ein kleines Plätzchen. Wir spazierten durch das Städtchen, fanden eine Tankstelle und besuchten die Kirche, die mir von der Ausstattung her aber nicht in besonderer Erinnerung geblieben ist. In der Fußgängerzone fanden wir ein schattiges Plätzchen vor einem Straßencafé und ließen es uns gut gehen. Ansonsten war das kein Ort, der mich besonders ansprach. Man war vielleicht etwas verwöhnt durch das Lohrer Flair.
Homburg Wir legten ab und tuckerten in das zunehmend mildere Licht des späten Nachmittags hinein. Am linken Ufer kamen die bemerkenswerten Rebhänge und der Herrensitz Homburg (km 171,5) in Sicht. Die Flußkurve ist an dieser Stelle relativ breit, der Anblick in dem sich langsam verändernden Blickwinkel ist ein Genuss, Der Kallmuth zählt zu den berühmtesten und ältesten Weinlagen Frankens. Urkundlich erstmals erwähnt ist der Weinbau hier im 12. Jahrhundert. Wegen des steilen Geländes wurden Terassen aufgemauert, die jetzt nach und nach saniert werden müssen.
Sportboothafen Bettingen Wegen der fortgeschrittenen Zeit suchten wir die etwas versteckte Lände nicht mehr, sondern steuerten unter der hohen Autobahnbrücke hindurch auf Bettingen zu. Der an einen großen Campingplatz anschließende Sportboothafen (km 166,9) liegt ruhig und bietet, was man so braucht. Wir wurden gleich auf einen freien Platz eingewiesen und fühlten uns auf Anhieb wohl. Ein schöner Spaziergang führte uns zum von den Stegnachbarn empfohlenen Gasthof, in dem wir den Abend bei fränkischer Hausmannskost und Homburger Wein (Kallmuth!) ausklingen ließen.
Burg Wertheim Am nächsten Morgen legten wir ab zur knapp 10 km kurzen Fahrt an die Taubermündung. Der Main wird hier von steilen Höhen und Hängen zu einer engen Schleife gezwungen Wertheim begrüßt den Bootswanderer mit seiner die Wälder überragenden Burg. Erst kurz vor der Taubermündung (km 156,7) zeigt sich die Altstadt mit ihren Türmen.
Wertheim Der Sportboothafen liegt ein wenig tauberaufwärts, ein Liegeplatz war bald gefunden. Wir nahmen uns Zeit für einen ausgiebigen Stadtbummel. Die Schweden hatten die Burg besetzt, bayrische Truppen empfanden dies wohl als einen unfreundlichen Akt und ließen die Kanonen spucken. Die Schweden mußten sich zurückziehen, leider etwas arg spät - für die Burg. In der engen Stadt herrschte reges Treiben.
Kirche Wertheim Brennpunkte des kulturellen wie religiösen Lebens sind die Kirchen. Die vielgestaltigen, beeindruckenden Grabmäler der Rittergeschlechter aus der Umgebung spiegeln auch die herrschaftspolitische Kleinräumigkeit der vornapoleonischen Zeit wider. Am frühen Nachmittag ging die Fahrt wieder weiter. Wir schlängelten uns gewissermaßen zwischen Spessart und Odenwald hindurch. Doch zunächst bekamen wir mehr Gewerbe zu sehen. Wertheim-Bestenhaid ist der gewerbliche Hafen einige Kilometer flussabwärts. Nach der Schleuse Eichel führt die Strecke wieder westwäts an Stadtprozelten mit der Ruine "Henneburg" vorbei.
bei Fechenbach Als Abendziel hatte ich mir die Marina Hock vorgenommen. Sie liegt schön versteckt und einsam. Wir haben zwar den Schlüssel gefunden, der Platz war aber nicht sehr einladend. Ein Teil des leichten Mülls schwamm im Hafenbecken, weil die Mülltonnen wohl schon lange nicht geleert waren. Wir fuhren weiter. Auf der Karte hatte ich einige Zeltplätze am Ufer gesehen. Vor dem Campingplatz Fechenbach fanden wir ein Plätzchen, das wir aber im Laufe des Abends noch mit mehreren anderen Booten teilen mußten, es war fast wie vor einer Regatta am Chiemsee!
Schleuse Freudenberg Weil ich im Schwell der Berufsschiffahrt keinen Campingkocher an Bord haben will, gab es das Frühstück erst an der Schleuse Freudenberg. Gerade als wir aufgeklart hatten, schob sich ein massiger Containerfrachter in die Schleusenkammer. Da war gerade Platz für meine mickrigen 5,40 m. So bequem haben wir es beim Schleusen eher selten Ich habe mir schon gedacht, dass dieses fette Teil mit seinen diversen Quirlen an Heck und Bug für ein wenig Stimmung in der Kammer sorgen würde. Der Schleusenmeister hat vermutlich darauf bestanden, dass die Tore an Ort und Stelle zu bleiben haben, und so war sehr genaues Steuern mit energischen Pushen der Schrauben angesagt. Ein seegangträchtiges und interessantes Schauspiel aus unserer sicheren Entfernung.
Gasth. zum Riesen Das nächste Etappenziel kam am späten Vormittag in Sicht: Miltenberg, Weit drüben an der Straße kam ein verlockendes Supermarktschild in Sicht. Da gab es nur eins: kurz anlanden, die andere Hälfte der crew "durfte" aussteigen und frische Vorräte heranschaffen. Es dauerte verdächtig lange, bis sich Günther wieder blicken ließ. Das mit dem Schild war ein Reinfall gewesen, die Eröffnung des Supermarktes war erst 14 Tage später! Und so war ein längerer Fußmarsch notwendig geworden. Aber die Fressalien waren wieder aufgefüllt, das Wochenende konnte kommen, Vitamine, Mineralwasser, Kohlehydrate und Butter waren gebunkert. Auch der Vorrat für meine 4 Pferde (PS) wurde wieder ergänzt. Weil wir zeitig dran waren, bekamen wir einen passenden Liegeplatz mit bester Aussicht auf das Panorama der Stadt im Sportboothafen.
Michaeli-Volksfest Wir wollen nicht behaupten, dass das Volksfest extra wegen unserer Ankunft veranstaltet wurde, einen kurzen Besuch war es jedenfalls wert. Außerdem waren die Touristen nicht so arg in der Altstadt unterwegs. Es wurde ein gemütlicher lauer Abend mit feinem Essen und edlen Weinen. Die Denkmalpfleger sprechen oft von "Ensembleschutz", in Miltenberg wie auch in den meisten fränkischen Mainorten spürt man, was sie meinen. Auf dem nächtlichen Rückweg zum Sportboothafen über die Mainbrücke ließen wir das Bild des vom Volksfest am Ufer zusätzlich illuminierten Städtchens noch einmal ausgiebig auf uns wirken.
Abschied von Miltenberg Der Sonntagmorgen sah uns in der Morgenfrische an der Stadt entlangtuckern. Erst kurz vor der Schleuse Heubach km 123) wollten wir uns vom Anblick der verschwindenden Türme Miltenbergs trennen. Groß- und Kleinheubach sind schnell passiert. Am Fluss wird es lebhafter. Einige Campingplätze säumen die Ufer, von denen aus am Sonntagvormittag relativ viele Wasserskifahrer unterwegs sind. Die meisten halten vernünftigen Abstand. Meist begegnet man sich mehrmals, ein Schauspiel, das dann besonders vergnüglich ist, wenn es wieder mal einen "aufstellt". Mit besonderem Interesse betrachteten wir die Weinberge um Klingenberg. Der dortige Rotwein wurde schon mal für den Abend vorgemerkt. Immer öfter fanden sich an den Ufern die Anlegestellen und Betriebsgelände von größeren Gewerbebetrieben. Die industrialisierte Gegenwart des modernen Lebens holte uns immer wieder mal ein.
Schl. Wallstadt Im Unterwasser der Schleuse Wallstadt hatten wir eine Begegnung der ganz erfreulichen Art. Die Sonne stach schon mächtig vom blauen Himmel, auch auf dem Wasser wurde es ganz schön heiß. Die Besatzung eines flotten Kajütgleiters erbarmte sich der armen tuckernden Verwandten (in Verdrängerfahrt) und reichte uns zur Erfrischung ein Glas Äppelwoi herüber, zur Einstimmung auf den bald hessischen Untermain. Bei Niedernberg (km 95,5) fanden wir einen kleinen Steg vor bunten Gartenschirmen. Da schlangen sich Vor- und Achterleine fast automatisch um die Pfähle und wir kamen noch zu einem verspäteten Mittagessen. Der letzte Abschnitt vor Aschaffenburg war nur noch ca. 8 km lang mit einem kleinen Stop wegen der Schleuse Obernau.
Schl. Johannisburg Die Einfahrt (km 88,3) in den Aschaffenburger Floßhafen mit seinen zahlreichen Vereinen ist ein wenig unscheinbar. Ein paar Lausbuben bereiteten uns einen übermütigen Empfang: Sie platschten mit einer "Bombe" neben unserer Bordwand ins kühle Naß. Die Wasserflecken in meinem Log und im Flußführer sind eine bleibende Erinnerung. Ansonsten war ja gegen eine kleine Erfrischung nichts einzuwenden. Gleich beim ersten Club (Nautilus) war ein schönes Plätzchen für uns frei. Ein junger wasserskibegeisterter Sportsfreund, der turnusmäßig die Aufgaben des Hafenmeisters übernommen hatte, empfing uns sehr freundlich (ein wenig schmunzelnd beim Anblick meines Gefährtes) und bot auch seine Hilfe für den nächsten Tag an. Dass man auch mit 4 PS eine weite interessante Reise unternehmen kann, ließ meine "Gnoothi" in seiner Achtung wieder erheblich steigen.
Schlossterasse Wir machten uns am frühen Abend auf den Weg in die Stadt. Das Schloß Johannisburg ist ein Wegweiser und Wahrzeichen zugleich. An diesem Wochenende wurde das Stadtfest gefeiert. An allen Plätzen der Innenstadt waren Podien für Darbietungen aufgebaut. Nicht lange und die Stadt war erfüllt von den Klängen und heißen Rhythmen der zahlreichen Bands. Wir bummelten durch die Gassen, genehmigten uns zum Törnabschluß ein frugales Mahl nebst einem guten Tropfen und genossen von der Schloßterasse aus den fast mediterranen Abend, der schon ahnen ließ, daß die Sommerhitze zumindest unterbrochen sein würde.

Der Montag war dem Packen, Trailer holen, Aufslippen und Heimfahren gewidmet. Unterwegs holte uns die Regenfront ein, wir hatten die schönen Sommertage optimal erwischt. Ein schöner, nachahmenswerter Törnabschnitt war glücklich beendet, ich denke gerne an ihn zurück!

Bilder: G. Klieber, Text: H. Urban